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 05/05/2014

Pressespiegel KW 18-2014

Pressespiegel KW 18-2014

 

In einer Rückblende hat Finja Seroka die wichtigsten Ereignisse, die in der vergangenen Woche in der deutschen Presse zu lesen waren, für unsere Leser zusammengefasst.

Erdogan fühlt sich von Gauck provoziert (Süddeutsche Zeitung)
Bundespräsident Gauck ist Anfang der Woche zu einem Staatsbesuch in die Türkei gereist – sein Besuch erhitzt noch immer die Gemüter.

Vor Studenten der technischen Universität in Ankara hat Gauck eine Rede mit dem Titel 'Nicht über- sondern miteinander reden' gehalten. Bereits vorher hatte er angekündigt, kein Blatt vor den Mund nehmen zu wollen. Er sprach dann auch von einer 'Gefährdung der Demokratie' und kritisierte die Politik des Premiers Erdogans gleich in mehrfacher Hinsicht. Besonders in Erinnerung aus der einstündigen Rede bleiben Gaucks Kommentare zur Meinungs- und Pressefreiheit: 'Muss man denn Twitter oder YouTube verbieten?' Außerdem sorge er sich um die Gewaltenteilung in der Türkei, die derzeit ebenso beschränkt werde wie der Rechtsstaat. Seine offene Kritik hat der Bundespräsident mit seinen Erfahrungen in der DDR gerechtfertigt. Außerdem nehme Deutschland Kritik ebenso gerne an, wie etwa derzeit in der NSU-Affäre.

In der Rede vergaß Gauck nicht, die Errungenschaften Erdogans zu würdigen, auf Nachfragen zur EU-Mitgliedschaft der Türkei reagierte er ausweichend. Seine Worte stießen bei den eingeladenen Studenten auf offene Ohren – Erdogan jedoch fühlte sich offensichtlich angegriffen. Er warf Gauck 'Einmischung in die inneren Angelegenheiten unseres Landes' vor und bezeichnete ihn als 'Pastor'. In einer live vom Fernsehen übertragenen Rede nannte Erdogan die Äußerungen Gaucks bedauerlich, da die Dinge, um die es gegangen sei, in der Türkei gar nicht existierten.

Der deutsche Bundespräsident hingegen bestreitet, sich irgendetwas ausgedacht zu haben. Unter Freunden müsse offene Kritik möglich sein. Und: Er sei eher noch zurückhaltend gewesen.

Staatspräsident Abdullah Gül erwiderte auf Gaucks Vorwürfe nur, dass kein Land vollkommen sei. Die Türkei habe in den vergangene Jahren enorme Fortschritte gemacht.

Am Dienstag beendete Gauck den Staatsbesuch – die Debatte jedoch ging weiter. In den Kommentar-Spalten deutscher Medien tummeln sich Anhänger der Position Gaucks ebenso wie der Erdogans. Ist der Bundespräsident zu weit gegangen, fragen einige. Und führt sich womöglich wie ein besserwisserischer Kolonialherr auf? Die anderen loben Gauck für seine offenen Worte. Erdogans Reaktion zeige, wie sehr er damit ins Schwarze getroffen habe.

In vier Wochen wird der türkische Ministerpräsident nach Deutschland reisen und am 24. Mai in Köln sprechen. Bei der Präsidentschaftswahl im August können erstmals in Deutschland lebende Türken wählen.

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Tag der Arbeit ruhiger als sonst (Spiegel, FAZ)
Donnerstag hatten nicht nur die Meisten in Deutschland frei, sondern der 'Tag der Arbeit' lockte auch Tausende auf die Straße. Die meisten Demonstrationen blieben dabei friedlich, in Hamburg und Berlin musste die Polizei eingreifen.

Zur Walpurgisnacht marschierten zunächst an mehreren Orten NDP-Mitglieder und Rechtsextreme auf – dicht gefolgt von zahlreichen Gegendemonstranten. Im sächsischen Plauen und in Dortmund entzündeten Linksautonome dabei Mülltonnen und griffen Polizisten an. Zu größeren Zusammenstößen kam es aber nicht.

In Rostock verhinderten Gegendemonstranten eine Veranstaltung der Rechtsextremisten, in Duisburg waren die Rechten klar in der Unterzahl.

Bei den traditionellen 1. Mai Demonstrationen am Donnerstagabend blieb es nicht ganz so friedlich. In Hamburg waren mehrere Hundertschaften der Polizei im Einsatz. Die Beamten berichteten von massiven Angriffen: Als die Demonstranten Gegenstände warfen, setzte die Polizei Wasserwerfer ein und versuchte den Zug umzuleiten. Letztlich löste sie die linke Demonstration auf. 13 Personen wurden festgenommen, 18 Polizisten wurden leicht verletzt. Insgesamt gab es laut einem Sanitäter mehr als 50 Verletzte.

In Berlin hingegen blieben die Demonstranten eher für sich – dabei ist es in der Vergangenheit schon oft zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen. Deswegen waren vorsorglich auch 6500 Beamte vor Ort, Banken und Geschäfte wurden mit Spanplatten verbarrikadiert. Die Polizei sprach von 19.000 Teilnehmer, die Veranstalter von 25.000.
Tausende gingen in Berlin außerdem zum 'MyFest' oder feierten im Park.

In der ganzen Bundesrepublik gingen am Donnerstag Menschen auf die Straße. Traditionell demonstrierten auch die Gewerkschaften – dieses Jahr rund 400.000. Sie warben für die Rente mit 63, ein sozialeres Steuersystem und einen Mindestlohn ohne Ausnahmen.

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Bunderegierung will Asylrecht verschärfen (Spiegel, Focus)
Asylbewerber aus den Balkan-Staaten sollen es künftig schwerer haben, in Deutschland Zuflucht zu finden. Die Bundesregierung hat einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, in dem Mazedonien, Bosnien-Herzegowina und Serbien als 'sichere Herkunftsländer' eingestuft werden. Tritt das Gesetz in Kraft, könnten die Behörden Bewerber aus diesen Ländern schneller abschieben. Bisher dauert ein Asylverfahren durchschnittlich acht Monate.

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hat den Vorschlag bereits kritisiert: Sinti und Roma würden in diesen Ländern sehr wohl noch verfolgt und um die Menschenrechte stehe es dort schlechter als angenommen.

Bisher wird die große Mehrheit der gestellten Asylanträge aus diesen Ländern als unbegründet abgewiesen. Seit die Visumspflicht vor wenigen Jahren aufgehoben wurde, ist die Zahl der Asylbewerber gestiegen – für die Behörden bedeutet das mehr Arbeit. Diese Zeit will sie in Zukunft lieber in Anträge von Flüchtlingen aus Krisenregionen investieren. Außerdem sollen Asylbewerber künftig schon nach drei Monaten arbeiten dürfen – bisher gilt eine Wartezeit von neun Monaten.

Für türkische Ehegatten wird es hingegen möglicherweise einfacher, nach Deutschland einzuwandern und so ihrer Familie zu folgen. Ein Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs hat erklärt, dass er die Regelung, nach der Familienmitglieder Deutschkenntnisse vorweisen können müssen, für rechtswidrig hält. Erst 2007 war beschlossen worden, dass sich Ehegatten von in Deutschland lebenden Ausändern in deutscher Sprache verständigen können müssen, bevor sie ihren Partnern folgen dürfen.

Laut des Richters Paolo Mengozzi verstößt Deutschland damit gegen eine Stillhalteklausel eines Abkommens zwischen der Türkei und der EU von 1970. Neue Einreisehindernisse für Türken werden darin untersagt. Außerdem hält Mengozzi die verpflichtende Teilnahme an Integrations- und Sprachkursen in Deutschland selbst für sinnvoller, als den Nachweis von Sprachkenntnissen vor der Einreise. Auch Zwangsehen würde so nicht bekämpft.

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs wird in den nächsten Monaten erwartet – meistens folgt es den Empfehlungen seines Generalanwalts.

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Deutscher Austauschschüler in Montana erschossen (Süddeutsche Zeitung)
Vor einer Woche wurde der deutschr Gastschüler Diren in Amerika erschossen – am Sonntag nahmen hunderte in Hamburg Abschied von dem 17-Jährigen.

Ein amerikanischer Hausbesitzer fand den Jungen in seiner Garage in Missoula, Montana vor und hielt ihn für einen Einbrecher. Der 29-Jährige zückte seine Schrotflinte und feuerte vier Schüsse ab. Der Austauschschüler, der die 11. Klasse der Big Sky High School besuchte, erlag schweren Schussverletzungen am Kopf. Der Schütze wurde zunächst festgenommen, es ist jedoch unklar, ob ihm eine Strafe droht. Denn in Montana ist der Verteidigung des eigenen Grund und Bodens mit Waffen erlaubt. Der 29-Jährige wurde gegen Kaution freigelassen, ist aber wegen vorsätzlicher Tötung angeklagt.

500 Freunde und Verwandte verabschiedeten sich von Diren am Sonntag vor einer Moschee in Hamburg-Altona. Im gesamten Viertel verteilten Mitschüler zudem Schleifen in den deutschen Nationalfarben. Noch am Sonntagabend wollte Direns Vater mit dem Sarg in die Türkei fliegen. Im Südwesten, in Bodrum, soll der Schüler am Montag beerdigt werden.

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Mißfelder verteidigt Teilnahme an Putins Geburtstagsfeier (Spiegel)
Wladimir Putin hat seinen 70. Geburtstag in Sankt Petersburg gefeiert und stieß dort nicht nur mit Oligarchen auf seinen Ehrentag an, sondern auch mit Altkanzler Gerhard Schröder. Pressefotos zeigen die beiden in einer freundschaftlichen Umarmung – und das mitten in der Ukraine-Krise. Doch nicht nur ein Sozialdemokrat verhielt sich auffallend herzlich gegenüber des russischen Präsidenten, der derzeit international stark kritisiert wird. Vor Ort war auch Philipp Mißfelder, der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion.

Volker Kauder und Bundeskanzlerin Angela Merkel erfuhren von der Reise ihres Sprechers erst aus den Medien und zeigten sich wenig begeistert. Mißfelder betonte Ende der Woche, dass er als Privatmann nach Sankt Petersburg gereist sei. Er sagte der 'Bild'-Zeitung: 'Ich bin der Meinung, dass es besser ist, solche Gesprächsmöglichkeiten zu nutzen, als sich ihnen zu verweigern'.

Insider bezweifeln, dass Mißfelder sein politisches Amt halten kann. Entschieden werden soll darüber Anfang der Woche.

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Von: Finja Seroka* - (Almanya Bülteni)
* = Freie Journalistin - (Stipendiatin der Journalisten-Akademie der Konrad-Adenauer Stiftung)

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