Kritik vor Erdogans Besuch

Am Samstag spricht der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in Köln zu seinen Anhängern – offiziell würdigt sein Besuch das zehnjährige Bestehen der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD). Inoffiziell wird die Rede als Wahlkampfveranstaltung gehandelt. Denn im Sommer dürfen erstmals auch in Deutschland lebende Türken an der Präsidentschaftswahl teilnehmen – einer Wahl, die Erdogan gewinnen will.
Nach dem Grubenunglück in Soma ist die Kritik an dem geplanten Auftritt lauter geworden: Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) forderte Erdogan in der 'Westdeutschen Allgemeinen Zeitung' auf, die Rede abzusagen: 'Der Besuch kommt einem Missbrauch des Gastrechts nahe.' In der 'Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung' empfahl der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl Erdogan Mäßigung für seinen Auftritt in Deutschland. Julia Klöckner, die CDU-Vizevorsitzende sagte der 'Welt': 'Ich kann mir nur wünschen, dass bei Erdogans Auftritt in Köln möglichst viele hier lebende Türkischstämmige durch Abwesenheit zeigen, dass sie mit seinem gegenwärtigen Agieren in der Türkei nicht einverstanden sind.' CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer erklärte gegenüber 'Spiegel Online', dass der Auftritt in der Lanxess-Arena einen Tag vor dem Europawahltag 'völlig inakzeptabel' sei.
Für Kritik hatte Erdogans hartes Vorgehen gegen Demonstranten nach dem Grubenunglück gesorgt. Für einen Aufschrei sorgten Bilder, die zeigten, wie Erdogans Berater auf einen am Boden liegenden Demonstranten eintritt.
Grünen-Chef Cem Özdemir sagte deshalb, dass Erdogan die tiefe Trauer vieler Türken in Wut verwandele – man könne jetzt nicht einfach Wahlkampf machen.
Außerdem sorgen sich viele deutsche Politiker, dass Erdogan die in Deutschland lebenden Türken für seine Zwecke instrumentalisieren könnte.
Wenige Tage vor der Rede geht nicht nur das Gerücht um, Erdogan werde in Köln seine Präsidentschaftskandidatur bekanntgeben, sondern auch, dass er sich für die Kritik von Bundespräsident Gauck revanchieren will.