Berlin kompakt KW 26-2012

In einer Rückblende hat
Ella C. Mittelbach die wichtigsten Ereignisse der vergangenen Woche in Berlin für unsere Leser zusammengefasst
Festnahme nach 'Schweinekopf-Attacke' vor Moschee
Nachdem vor zwei Monaten vor der Neuköllner Sehitlik-Moschee zwei abgetrennte Schweinsköpfe abgelegt worden waren, hat die Polizei nun einen Verdächtigen gefasst: Der 25-Jährige soll zur rechtsextremen Szene gehören, dies berichtete der Tagesspiegel diese Woche.
Am 28. April diesen Jahres, hatte jemand nachts zwei abgetrennte Schweineköpfe vor die Sehitlik-Moschee am Columbiadamm in Neukölln abgelegt. Der Staatsschutz kam relativ rasch auf die Spur eines 25-jährigen Deutschen. Der Grund: Beweismittel am Tatort führten die Ermittler zu dem Supermarkt, wo die Tierköpfe von dem Mann gekauft worden waren. Bei einer Durchsuchung der Wohnung des Mannes am Donnerstag früh in Lichtenrade entdeckten die Beamten rechtsgerichtetes Propagandamaterial und weitere Beweismittel. Diese würden jetzt ausgewertet, hieß es bei der Staatsanwaltschaft.
Dem 25-Jährigen wird Beschimpfung von religiösen Bekenntnissen und Beleidigung vorgeworfen. Bislang äußerte er sich nicht. Die Ermittler prüfen auch, ob er für weitere islamfeindliche Taten in Frage kommt. Die Moschee war zuvor mit Farbbeuteln beworfen worden und erhielt Drohbriefe, in denen Ausländer unter Gewaltandrohung zur Ausreise ermahnt wurden. Nach Angaben von 'Bild' soll der 25-Jährige dem Kreis der 'Autonomen Nationalisten' angehören.
Beschneidungs-Verbot
Muslimische und jüdische Verbände in Berlin warnen gegenüber dem Tagesspiegel vor den negativen Auswirkungen des Urteils zur rituellen Beschneidung. Sie befürchten mehr illegale Eingriffe. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird gefordet. Das Landgericht Köln hatte am Dienstag entschieden, dass die Entfernung der Vorhaut aus religiösen Gründen strafbar ist. Das Urteil wird auch Folgen für Berlin haben, so der Grünen-Integrationsexperte Özcan Mutlu gegenüber dem Tagesspiegel. Eltern würden vermehrt auf fragwürdige illegale Beschneider ausweichen und ihre Söhne in Gefahr bringen, 'und dies dient dem Kindeswohl dann noch weniger'. Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) forderte eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. 'Zwei verfassungsmäßig verbriefte Grundrechte kollidieren miteinander: Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und das Grundrecht auf Religionsfreiheit', sagte Kolat dem Tagesspiegel.
Der türkischstämmige Özcan Mutlu schätzt nach Angaben des Tagesspiegels, dass '95 Prozent aller türkischen Berliner quer durch alle Schichten beschnitten sind'. Neben den Eingriffen in Krankenhäusern und Praxen führen aber auch Imame Beschneidungen durch. Die Prozedur wird auch manchmal während der Beschneidungsfeier vorgenommen, etwa in den Festhallen in Neukölln, vor den Augen aller Gäste. Yadollah Moazami-Goudarzi, iranischstämmiger Kinder-, Unfall- und Wiederherstellungschirurg aus Zehlendorf, sagte, er berate Eltern stets über Vor- und Nachteile der Beschneidung in der modernen Gesellschaft. Sie sei vor Jahrtausenden wegen der mangelnder Hygiene eingeführt worden, mindere aber Schutz und Sensibilität des Geschlechtsorgans. Es gibt auch Studien, nach denen der Eingriff vor Krebs schütze, HIV-Risiken senke. Einen Eingriff würde er nur mit Anästhesie im Krankenhaus vornehmen, damit die Kinder kein Trauma erleiden.
Kurs der Piratenpartei
Kein Tag vergeht bei den Berliner Piraten, ohne dass grundsätzliche Bedenken laut werden – über den Kurs von Partei und Fraktion und die Frage, ob das Projekt Piratenpartei zum Scheitern verurteilt ist. Hartmut Semken, Ex-Vorsitzender der Landespartei, sagte dem Tagesspiegel, er habe im Moment keine Antwort auf die Frage, ob er aus tiefstem Herzen eine Wahlempfehlung für die Piraten abgeben könne. Semken war von Februar bis Mai im Amt und trat dann zurück, unter anderem aufgrund umstrittener Äußerungen zur Abgrenzung gegen Rechtsextremisten. Erst am Mittwoch waren Äußerungen von Semkens Vorgänger, Gerhard Anger, bekannt geworden. Anger hatte über die Arbeit der Fraktion im Abgeordnetenhaus ein vernichtendes Urteil gesprochen und gesagt, die Frage, ob man die Piraten wählen solle, würde er im Moment beantworten mit: ,Nö, lassen Sie’s lieber bleiben.' Anger wie Semken äußerten schon Austrittsgedanken.
Anger hatte vor allem kritisiert, dass die Fraktion ihr Transparenzversprechen nicht erfüllt habe. Die Fraktion steht auch vor der Frage, wie sie inhaltlich besser arbeiten will. Der jetzige Ko-Fraktionschef Christopher Lauer sagte dem Tagesspiegel dazu, dass man im August mit dem Landesverband eine Strategiekonferenz veranstalten wolle. Außerdem möchte sich der neu gewählte Fraktionsvorstand in Zukunft häufiger treffen und 'stärker ergebnisorientiert arbeiten'.
EM-Trauer vorm Brandenburger Tor
Überwiegend deutsche Fans verfolgten am Abend das Halbfinalspiel vor dem Brandenburger Tor. Die Polizei zieht eine positive Bilanz - die deutschen Fans aber sind frustriert. Von den Hunderttausenden, die auf der Fanmeile einen großen Fußballabend feiern wollten, waren die meisten für Deutschland. Das bedeutete geringes Konflikt-, aber umso größeres Frustpotenzial angesichts dessen, was die Fans auf den Großleinwänden sahen. Manche hatten schon in der Mitte der zweiten Halbzeit genug und machten sich auf den Heimweg, doch die meisten harrten aus bis zum bitteren Ende – dicht gedrängt und schweigsam, wenn man von kurzen Hoffnungsmomenten wie Özils Elfmeter absah, so resümiert die Berliner Zeitung. Wie viele Zuschauer es waren, mochten weder die Polizei noch die Veranstalter sagen. Die RBB - 'Abendschau' schätzte 500 000 Besucher. Die Polizei spricht gegen Mitternacht von einem insgesamt ruhigen und friedlichen Abend in ganz Berlin.
Polizeireport zur Kriminalität in Berlin
Wer aktuell wissen will, in welchem Bezirk die Berliner Polizei gerade an den Vorfällen arbeitet: Der interaktive Atlas der Berliner Zeitung: http://service.berliner-zeitung.de/polizeireport/

Von: Ella C. Mittelbach* - (Almanya Bülteni)
* = Freie Journalistin – (Stipendiatin der Journalisten-Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung)



















































































