Berlin kompakt KW 23 – 2012

In einer Rückblende hat
Ella C. Mittelbachdie wichtigsten Ereignisse der vergangenen Woche in Berlin für unsere Leser zusammengefasst.Orhan S. enthauptet seine Frau
Anfang der Woche wurde Berlin von einer grausamen Tat erschüttert: In Berlin-Kreuzberg wurde eine Mutter von sechs Kindern in ihrer Wohnung von Ihrem Ehemann enthauptet. Die Polizei konnte den Täter Orhan S. noch am Tatort festnehmen. Das Opfer Semanur S. war schwanger. Wie die Berliner Zeitung zitiert, soll Orhan S. 'Gott ist groß' zu Nachbarn gerufen haben. Der Nachbar Moeiad J., der auch die Polizei rief, sagte aber der Berliner Zeitung: 'Mit Islam hat das nichts zu tun'. Die Familie war dem zuständigen Jugendamt des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg bislang nicht bekannt. Orhan S. stammte wie das Opfer aus der kurdischen Provinz Ağrı. Er arbeitete als Selbstständiger auf dem Bau. Sein Strafregister soll sauber gewesen sein.
Semanur S. soll mit Orhan S. indirekt verwandt sein, von einer arrangierten Ehe wird gesprochen. Es wird geprüft, ob die Kinder bei Familienmitgliedern untergebracht werden können. Zurzeit wohnen sie zusammen im Heim. Wie der Tagesspiegel berichtet, sitzt bereits der Cousin von Orhan S. in einem türkischen Gefängnis. Er tötete vor sieben Jahren in Neukölln seine Frau. In Berlin wird Tage nach dem Tod von Semanur S. unter anderem mit Korangesängen gedacht.
Nach Verbot der Hells Angels Berlin City
Mitte der Woche durchsuchten Berliner und Brandenburger Polizisten nach Angaben des Tagesspiegels erneut das Clubhaus der Hells Angels in Potsdam. Die Ermittler erhielten Hinweise, dass die Potsdamer Hells Angels und Berliner Ex-Bandidos, zusammen feiern wollten. Ehemals gehörten die Ex-Bandidos zu den Feinden der Hells Angels, diese scheinen sich jetzt verbündet zu haben. Die Beamten trafen zehn Personen an, die der Rockerszene zuzuordnen sind. Zudem wurde ein Fahrzeug mit vier Hells Angels aufgegriffen. Es wurden nach dem Waffengesetz verbotene Gegenstände gesichert. Die Polizei erhob Anzeige gegen die Besitzer. Den Angaben der Berliner Morgenpost nach leisteten die selbstbenannten Rocker keinen Widerstand. Das Berliner Landeskriminalamt beobachtet weiterhin die Entwicklung in Berlin. Nach dem Verbot der Hells Angels Berlin City unter der Führung des Türken Kadir P. sei ungewiss, wie sich diese Gruppierung künftig in der Region aufstellen wird. Ein Berliner Polizeiführer sagte der Berliner Morgenpost: 'Kadir P. hat lange dafür gearbeitet, sich den Ruf als einer der härtesten Rocker der Republik zu erarbeiten. Wenn er sich jetzt dem Verbot fügt, ohne sich neue Strukturen zu überlegen, ist dieses Ansehen dahin.'
Wohnkosteneinschränkungen für Hartz-VI Empfänger
Eine Studie des Forschungsinstituts Topos, vom Berliner Mieterverein beauftragt, sagt für 70.000 Berliner Hartz-IV-Haushalte zu hohe Wohnkosten voraus. Seit dem 1. Mai ist die neue Verordnung des Senats für angemessene Unterkunftskosten für Hartz IV in Kraft getreten. Demnach wird für eine Person eine Wohnung mit einer Miete (inkl. Heizkosten) bis zu 394 Euro bezahlt, bei zwei Personen sind es 472,50 Euro, für drei Personen 578 Euro und bei vier Personen höchstens 665 Euro. Nun könnten der Studie zufolge für geschätzt 70.000 von den 370.000 Hartz-IV-Haushalten Zwangsumzüge befürchtet werden, so teilte die Berliner Zeitung mit. Es werde die Kritik laut, die Mietspiegelwerte seien veraltet. Nach Angaben des Senats vom Januar 2012 mussten 2011 schon 1313 Hilfe-Empfänger ihre Wohnung wechseln. Bei den stetig wachsenden Mietpreisen vor allem für Ein- bis Zweizimmer-Wohnungen kann es schwer für die Betroffenen werden, so die Berliner Zeitung.
Berliner Migrantenkinder mit besserer Bildung
Die Senatsverwaltung für Gesundheit gab die Auswertung der Einschulungsuntersuchungen 2011 bekannt. Erhoben wurden die Daten von über 27.000 Jungen und Mädchen. Demnach bekämen 72 Prozent der Kinder nicht-deutscher Herkunft bei der Einschulung gute bis sehr gute Noten. Vor sechs Jahren waren es nur 55 Prozent. Der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund liegt bei insgesamt 37 Prozent aller eingeschulten Kinder. Der Datenerhebung zufolge sprechen 21,9 Prozent der Migrantenkinder fehlerhaft und 6 Prozent kaum oder gar kein Deutsch. Ein längerer Besuch der Kindertagesstätte (Kita) fördere die Deutschkenntnisse. So könnten 77,5 Prozent der Kinder, die mindestens zwei Jahre in einer Kita waren, gut oder sehr gut deutsch sprechen. Unter denjenigen, die nicht oder nur ein halbes Jahr die Kita besuchten, lag der Anteil bei nur 33 Prozent. Die gesundheitliche Verfassung sei überwiegend gut, so wurde es der epd (Evangelischer Pressedienst) mitgeteilt. Verbesserungsbedarf gäbe es beim Impfschutz und der Zahnpflege. Jedes zehnte Kind sei übergewichtig.
Berlin verschwendet Steuergelder
Marion Claßen-Beblo, die Präsidentin des Rechnungshofes Berlin, kalkulierte in ihrem Jahresbericht für Parlament und Senat, dass 'insgesamt über 90 Millionen Euro' verschwendet wurden, so berichte der rbb. Der Rechnungshof von Berlin ist eine unabhängige Landesbehörde, die nur dem Gesetz unterworfen und an keine Weisungen gebunden ist. Er prüft die Rechnungen und die Wirtschaftlichkeit der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung Berlins. Dem Bericht des Rechnungshofes zufolge gäbe es zum Beispiel bei folgenden Punkten Einsparmöglichkeiten: 1. Die Zitadelle Spandau decke die Kosten nicht. 2. Die angestellten Lehrer bekämen übertarifliche Zulagen 3. Bewohner von Pflegeheimen, die u.a. im Wachkoma liegen, würden einen Zuschlag pauschal ohne Prüfung von Einzelfällen bekommen. 4. Die Ableitung des Regenwassers von den Verkehrsbetrieben Berlin sei nicht wirtschaftlich. 5. Den Zinsforderungen von Steuersündern werde nicht ausreichend nachgegangen.
Untersuchungsausschuss zum Flughafen BER immer wahrscheinlicher
Nach Angaben des Tagesspiegels vom Freitagabend wird ein Untersuchungsausschuss für die Flughafenmisere wahrscheinlicher. Es soll der Frage nachgegangen werden, ob und in wieweit das Aufsichtsgremium versagt hat. Abgeordnete der Grünen forderten letzte Woche einen Untersuchungsausschluss. Die Linken schlossen sich der Forderung diese Woche an. Die SPD wolle lediglich das Verfahren konstruktiv begleiten, so der Tagesspiegel. Die Mitglieder des Aufsichtsrats, so zitierte der Tagesspiegel die Aussage der Grünen-Abgeordneten, hätten die finanziellen Probleme beim Flughafenausbau nicht rechtzeitig erkannt.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ramona Pop und der baupolitische Sprecher Andreas Otto konnten nach dem Lesen den Sitzungsunterlagen des Aufsichtsgremiums einiges nicht verstehen. In der kritischen Phase des Baus seien so beispielsweise wichtige Sitzungen des Aufsichtsrates ausgefallen. Den großen Problemen bei den Kosten, beim Brandschutz und beim Lärmschutz versuche die Flughafengesellschaft auszuweichen, so die Grünen-Abgeordneten gegenüber dem Tagesspiegel.
Von: Ella C. Mittelbach* - (Almanya Bülteni)
* = Freie Journalistin - (Stipendiatin der Journalisten-Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung)